Trojanisches Pferd

Es klingt unglaublich: knapp 70 Kilometer südlich von Leipzig versammeln sich schon seit zehn Jahren einmal jährlich Rechtsradikale, um auf dem größten Neonazi-Festival Deutschlands ihr Gedankengut zu rechten Rockbands zu feiern. Und das ist sogar erlaubt. Wie kann das passieren?

Ganz einfach: Die NPD deklariert die Veranstaltung als politische Kundgebung, die Stadt ist deswegen in der Pflicht, der Partei einen öffentlichen Ort dafür zuzuweisen. Verhindern kann man dies nicht, da sonst auch demokratische Parteien kein Recht mehr hätten, Veranstaltungen zu organisieren. Die einzigen Einschränkungen sind das Verbot von rassistischen oder ausländerfeindlichen Sprüchen, Alkoholkonsum und das Abkleben von Tattoos mit verbotenen Symbolen. Mehr kann man nicht machen. Zwar stehen Jahr für Jahr Gegendemonstranten hinter dem Bauzaun, der das Gelände umgibt und auch die Polizei ist anwesend, aber das Festival ist Ausdruck dafür, dass die Rechtsideologie ist in der Mitte der Gesellschaft präsent ist. So zog beispielsweise die NPD 2009 mit 5,6 Prozent der Stimmen in den sächsischen Landtag ein.

Laut dem Verfassungsschutzbericht gab es in Deutschland allein 2011 mehr als 130 Rechtsextreme Konzerte, die durchschnittlich von rund 150 Personen besucht werden. Diese Zahlen sind gestiegen, 2009 waren es 125 Konzerte mit durchschnittlich 120 Besuchern. Auch in der Musikszene verbreiten sich rechtsextreme Bands und Musikvertriebe immer mehr, in Deutschland gibt es 178 (!) Bands und 91 Vertriebe, die nationalsozialistische Musik in die rechten Szene bringen.

Auch die Merchandising-Artikel auf diesen Festivals erfreuen sich immer größerer Beliebtheit. T-Shirts, Buttons, Sticker werden in riesigen Mengen produziert und verkauft.

Die Organisation EXIT hilft Aussteigern aus der Szene und landete 2012 einen Treffer: EXIT schickte ein Paket mit schwarzen, szenegerechten T-Shirts als anonyme Spende an die Veranstalter – diese verteilten die Shirts kostenlos. Doch nach dem ersten Waschen zeigte sich das „wahre Gesicht“ der Textilien: sichtbar waren nun die Kontaktdaten von EXIT. Ein kleiner Schritt in die richtige Richtung, der vielleicht manche zum Umdenken bewogen hat.

Antonia Mohr