68 Schulklassen aus dem Schwalm-Eder-Kreis bewarben sich 2012 für die Teilnahme an den „Projekttagen des Netzwerks für Demokratie und Courage für den Respekt- und Toleranzpass“. 30 Klassen wurden ausgewählt und haben im Laufe des Schuljahres gemeinsam mit ihren Lehrern insgesamt fünf verschiedene Module zu den Themen Integration, Gefühlen, Konfliktlösung, Einsatz für andere und Kommunikation behandelt. Die zwischen zehn und zwölf Jahre alten Schüler wurden von besonders geschulten Teamern betreut, welche die Projekttage nach den Konzepten des Netzwerkes für Demokratie und Courage durchführten. Projektträger ist die DGB Hessen-Thüringen, Ziel ist es, das gesellschaftliche Engagement gegen Fremdenhass, Intoleranz und Rechtsextremismus zu erhöhen und schon in jungen Jahren zu fördern.

Nach erfolgreichem Abschluss dieser Module wurden nun den Klassen ihre Urkunden in Form des „Respekt- und Toleranzpasses“ sowie 100 Euro für die Klassenkasse von Stephan Bürger aus dem Fachbereich Jugend und Familie des Schwalm-Eder-Kreises und Koordinator der TFKS-Projekte sowie des Projektes „Gewalt geht nicht“ übergeben. Die Projekttage sollen auch 2013 wieder angeboten werden.

Antonia Mohr

Respekt- und Toleranzpass

Spielerische Projekttage für Respekt und Toleranz

Welche Grundlagen müssen die SchülerInnen innerhalb einer Projektwoche schaffen, damit eine Klasse mit dem Respekt- und Toleranzpass ausgezeichnet wird? Und warum engagiert sich der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB) in nordhessischen Schulen? Die Antworten gibt uns Sandra Sattler von der DGB-Jugend Hessen im Interview.

Um beispielsweise einen Reisepass der Bundesrepublik Deutschland zu erhalten, müssen bestimmte Voraussetzungen erfüllt sein und Nachweise erbracht werden. Wie bürokratisch geht es denn beim Respekt- und Toleranzpass zu – stell unseren LeserInnen doch kurz das „Verfahren“ vor?

Interessierte Klassen hatten im ersten Monat nach Schuljahresbeginn die Möglichkeit, sich für das Projekt „Respekt- und Toleranzpass“ anzumelden. Wir haben insgesamt 29 5. Klassen aus dem gesamten Schwalm-Eder-Kreis zum Projekt zugelassen (es gab Plätze für 30, so dass wir keiner Klasse absagen mussten). Bürokratisch ist der Nachweis der einzelnen Module mit Datum und Unterschrift von KlassenlehrerInnen und KlassensprecherInnen auf einem Bogen, der bis Anfang Juni 2013 dem Kreisjugendbildungswerk zurückgesendet wird. Erst nach Absolvieren aller fünf Module ist die Ausstellung des Respekt- und Toleranzpasses möglich.

Eine wichtige Rolle innerhalb des Projekts in den Schulen spielen also die sogenannten Teamer. Wie qualifizieren sich diese? Reicht es aus das Modulhandbuch zu lesen?

Die Teamenden des Netzwerks für Demokratie und Courage haben zunächst eine einwöchige Basisschulung in den Inhalten und Methoden unserer drei „Standard“-Projekttage absolviert, die wir ab der 8. Klasse anbieten. Um mit der jüngeren Zielgruppe arbeiten zu kommen, haben sie einen weiteren viertägigen Workshop besucht. Das Lesen des Modulhandbuchs reicht bei weitem nicht aus.

Welche Methodenansätze wählt das Projekt um der jungen Zielgruppe in den 5. und 6. Klassen gerecht zu werden?

Spielerische Methoden, Visualisierungen auf Pinwänden, interaktives kreatives Lernen (beispielswiese kurze Diskussionsrunden, Erfahrungsaustausch im Rahmen einer stummen Diskussion, themenbezogenes Detektivspiel, Weiterzeichnen und -erzählen von Comics), Rollenspiele (zum Erfahrbarmachen von Fremdheit und später Einüben von Handlungsoptionen), Vorlesen einer Geschichte.

Kümmert sich der DGB nicht vorrangig um die Belange von Arbeitnehmern? Welche Motive stecken dahinter das Projekt eines Respekt- und Toleranzpasses im schulischen Bereich umzusetzen?

Der DGB ist unter anderem aufgrund seiner Geschichte (Zerschlagung der Gewerkschaften am 2. Mai 1933 und Inhaftierung und Verfolgung vieler Gewerkschafter in der NS-Zeit) sehr aktiv in der Anti-Rassismus-Arbeit. Für uns ist es wichtig, Werte wie „Solidarität“ schon möglichst früh zu vermitteln, da wir festgestellt haben, dass zu neonazistischer Einstellungen leider schon in sehr jungen Jahren eine Affinität entsteht. Es ist uns wichtig, frühzeitig Kinder zu sensibilisieren und Empathie für Menschen, die von Diskriminierung betroffen sind, zu fördern.

Die Schulen und LehrerInnen wollen sicher nicht nur den Pass ergattern damit 100 Euro in die Klassenkasse fließen. Welche Erwartungen und Feedback konntest du von den verantwortlichen Lehrkräften auf das Projekt im Vor- und Nachgang sammeln?

Die Lehrkräfte sind sehr dankbar für das Projekt, da sie auch feststellen, dass menschenverachtende Einstellungen sich schon früh verfestigen, und viele andere Projekte aber erst ab der 8. Klasse ansetzen. Der Respekt- und Toleranzpass schließt eine Lücke für die jüngeren Klassen. Unsere Projekttage werden in der Regel mit Begeisterung angenommen. Allerdings bin ich auch vereinzelt auf überhöhte Erwartungen gestoßen: Mit unserem Projekt können wir keine akuten beziehungsweise schweren Mobbingprobleme in den Klassen lösen. Außerdem erfolgt das Lernen spielerischer und somit impliziter.

Wenn auch 2013 der Respekt- und Toleranzpass ausgestellt wird, können sich die SchülerInnen wieder auf Dich als Koordinatorin und Teamerin freuen?

Ja, ich werde das Projekt bis zum Schuljahresende fortführen, also koordinieren und als Teamerin in den Klassen aktiv sein. Auf die Verleihung der Respekt- und Toleranzpässe im Juni freue ich mich ganz besonders.